Mittwoch, 7. November 2007

20070925 Strandmagistrale

Eine Minipromenade wurde der Privatisierung abgetrotzt. Es gab zahlreiche Tote, und die Privatbesitzer hatten die besseren Waffen. Die Öffentlichen glichen das mit Grips aus - und gewannen. Jutta hüpft von einem schattenspendenden Felsen zum nächsten und ich rieche das Wasser, das immer wieder dicht vor meinen Füßen durch die Felsen rauscht. Die Flut war gegen 10 am Höhepunkt. Die Magistrale ist gesäumt von Hotels. Vorwiegend alte Leute sitzen auf den frisch gemähten Rasenflächen in der Brise, die vom Land auf's Meer weht und manchmal wackeln die Köpfe ein wenig oder das feine Haargespinst stellt sich auf im Altweibersommer.
Meine linke Halsseite ist mittlerweile Kandidat für Sonnenbrand bei um die 30 Grad im September.
Auf der Terasse eines Strandrestaurants trinke ich ein Red Lobster Ale und ein Miller Lite und werde vom prejetlag heimgesucht. Irgendwo ein kleiner Sandstrand zwischen den Felsen zum Abknacken bis ich wieder "howdy" sagen kann.
Bin ich Lobster?
Mit roten Scherenhänden würde ich die Zäune durchschneiden, die die Amerikaner von der Welt trennen. Warum haben die keine Wege zum Wandern dafür aber Straßen zum Träumen?

Mittwoch, 24. Oktober 2007

20071020 Wal Mart


Wir fahren zum Wal-Mart und verpassen die Ausfahrt. Das heißt erst einmal nach Süden bis Florida, um umzukehren. Beim Rückweg klappt es. Mit unserer mickrigen Einkaufsliste navigieren wir unseren Truck von Einkaufswagen durch die riesige Halle, den blauen Wegweisern folgend. Sich aufteilen ist riskant, weil man sich vielleicht nie wieder findet, also in Sicht- oder Rufweite bleiben. Eine Mehrfachsteckdose finde ich nach längerer Suche, aber kein Verlängerungskabel. Einige seltsame Drähte liegen im Regal, von denen ich mir kaum vorstellen kann, dass sie das Land mit Strom versorgen könnten. Auch die Mehrfachsteckdose wirkt mickrig, dafür ist die Verpackung riesig. Es gibt vieles hier, aber nur in der billigsten Basisversion. Immer wieder versuchen Rentner uns mit ihren Wagen niederzurempeln. Verkäufer gibt es fast keine, sodass wir noch zu einem Laden für Bürokram fahren müssen, wieder ein paar Meilen durch die Mall. Wir essen bei Wendys und fahren zurück nach Hanover über die Landstraße, weil wir die Auffahrt zur Interstate verpassen.

Die Studierstube wird langsam wohnlich und Franzi muss zur nächsten Veranstaltung. Auf angenehme Art werden wir überflüssig, bummeln durch Hanover und gehen ins theatre, ein kleines Kino, in dem wir Bourne Ultimatum sehen, ein durchgeknallter Herzschrittmacher, der den Puls 2 Stunden im anaeroben Bereich festnagelt. Weil wir zur Entspannung ein wenig quatschen, bittet uns ein Pärchen um Ruhe. Wie konnten die uns überhaupt hören bei dem Soundtrack? Ich muss so dringend, kann aber nicht mehr raus, weil sich der Plot der endgültigen Auflösung nähert. Mit gefährlich gedehnter Blase verzichte ich auf den Abspann und hechte ins Klo. So. Durchatmen.
Mit gefüllten Styroporbehältern vom chinesischen Buffet ziehen wir uns in unsere Comfort Suites zurück und zappen noch ein wenig durchs TV-Programm. Das Fernsehen hier macht krank. Kaum Zusammenhang, hauptsächlich wird alles unterbrochen. Das ganze Programm, das ganze Land sind ein einziger Cliffhanger. Es läuft alles in irgendeine seltsame Richtung und gerade, wenn etwas erreicht ist: Black! und irgendein Schreier verkündet, warum man um dies oder jenes Produkt gar nicht herumkommt. Es wird eigentlich permanent für irgendwas geworben, sodass die Bedürfnisse gar nicht erst aufkommen müssen, sie werden einfach mit dem Produkt erfunden. Und kommt bitte nicht auf dumme Gedanken wie: ausruhen, still stehen, nein, das wäre der Super-Gau. Wenn mal alles stehenbleibt, kommt irgendwas von oben runter und macht smashed potatoes aus euch. Und niemals die Klappe halten. Es lässt sich immer etwas sagen, je weniger Inhalt, desto besser. Die Kunst ist es, mit vielen Worten das Nichts zum Scheppern zu bringen. Aber die haben Spaß dran.

Montag, 15. Oktober 2007

20070919 Sunapee Region

Totaler Nebel und kalt. Bibber. Ich muss losfahren, Espresso holen für den Kaffeejunkie. Sonst fällt sie um. What shall we do with the Drunken Donut, early in the morning: Emergency Coffee!
Eigentlich möchte ich in die Berge, wandern: Natur, frische Luft, Bewegung.
Als wir losfahren, so gegen 11 hat die Sonne den Nebel aufgelöst. Ich will über die Interstate 89 zur Sunapee Region, eines der empfohlenen Ziele.
http://sunapeevacations.com/index.html

Das System mit den Straßenbezeichnungen glaubten wir, im Griff zu haben. Du mußt die Himmelsrichtungen kennen, also 89 South, ist doch glasklar. Nach zuversichtlichen flotten ersten Meilen durch goldig waldige Hügel fällt auf, daß da nicht die erwartete Abfahrt kommt. Offensichtlich befinden wir uns auf der 91 South. Warum? Keine Ahnung. Geht aber auch so. Wir müssen bei Exit 8 raus und dann nach Osten quer durch die Wälder. Auch schön, wir haben ja Zeit. Doch an Exit 8 fahren wir vorbei, weil Jutta meinte, Exit 8 hieße, die Ausfahrt käme in 8 Meilen. Also noch einen Exit weiter und wieder zurück.
Die nächste Prüfung wartet auf mich, denn ich muss tanken. Unglaublich, vor welch ansonsten banalen Verrichtungen des Alltags man in diesem Land Ängste entwickelt. Hoffentlich kommt da keine Cola aus dem Zapfhahn, oder es hört nicht auf zu laufen oder ich finde den Tankdeckel nicht, muss einen Typen fragen, den ich nicht verstehe und der eine Knarre dabeihat. Lange fuhr ich mit der Anzeige "trunk ajar" durch's Land und wußte nicht, was das heißt. Franzi übersetzt es mir als: "Kofferraumdeckel ist offen" und ich bin beruhigt, daß es nichts Ernsteres war.
Ich frage, irgendeinen Typen, ob "Regular" der richtige Stoff für die Karre ist und bekomme so was wie ein hmm!yeah, maybe or maybe not, eine doch recht befriedigende Auskunft, wenn man die Blödheit der Frage bedenkt. Ich stehe vor der Zapfsäule, wie der Affe in 2001 (Odyssee im Weltraum) vor dem Monolithen und lese, daß man erstmal den Bezahlmodus wählt: Cash, dann per Taste den Kraftstoff und schon fließt der Sprit. Beim anschließenden Bezahlen wird man immer gefragt, ob es einem gut geht, ob man was eingepackt haben will, ob man alles gefunden hat, ob man zufrieden ist, wie man geschlafen hat, ob man guten Blutdruck, gute Verdauung, Reifendruck, genügend Unterwäsche oder Taschentücher hat und darf dann gehen. Rein darf man nur mit Shirt und Shoes (are requested).
Wir erreichen Sunapee gegen High Noon. Das ist nicht mal ein Kaff, hat aber einen kleinen schnuckeligen Hafen am Ende einer Bucht des wunderschönen Sees, der mitten in Wäldern liegt. Beherzt setzen wir zu einer Umrundung des Sees zu Fuß an, sehen aber bald, daß die Uferzonen komplett verkauft sind und nur etwas höher eine Straße die Grundstückszufahrten bedient. Eine Weile folgen wir dieser Straße, ums herrliche Ufer betrogen, aber glücklich, ohne erschossen oder überfahren zu werden durch den duftenden Wald gehen zu können. An einer Stelle wage ich den illegalen Durchbruch zum Ufer auf Kosten meines Gewissens. Wie ein Schurke, der teure Villen ausspäht, um sie des Nachts auszuräumen, sichere ich nach allen Seiten, ob wer auf mich zielt, laute Geräusche vermeidend.
Jutta wartet an der Straße. Ihre Ängste möchte ich gar nicht kennen.
Der Ausblick ist ganz nett und wir gehen zurück, vorbei an einem winzigen öffentlichen Strand, der von einem Veteranen des Koreakrieges nach Minen abgesucht wird. Auf einer Tafel wird alles verboten, aber viel Spaß beim Aufenthalt gewünscht. 2 Frauen und ein Kind nutzen das großzügige Angebot. Das Kind wird von seiner Mutter gefilmt.

Wir essen in einem mittelgrindigen Laden. In meinem Burger, der von einer fahlen Käsescheibe überschmolzen ist, verstecken sich ein paar Knochensplitter. Einer davon zerschellt auf meinem Problemzahn, der bisher einen ruhigen Tag hatte. Mit dem Gefühl, auf eine Tretmine gebissen zu haben, bekomme ich die Maulsperre und taste vorsichtig mit der Zungenspitze nach Überlebenden. Doch außer einigen ausgebombten Ruinen und leblosen Körpern ist da nichts. Nach einem meditativen Reset kaue ich auf den verbliebenen Eckzähnen vorsichtig weiter meinen Burger der weapon-of-mass-destruction-Klasse. Nix wie weg aus Sunapee zum Mt. Sunapee. Wir nehmen die falsche Straße, kommen aber gut hin und finden statt eines gutbesuchten Wanderzirkus ein Geisterschigebiet mit ein paar Liften und einem gigantischen Parkplatz. Nirgends sind Pfade oder Wegtafeln zu sehen, also weiter nach Newbury am Südzipfel des Sees, das aus einer Kirche und einem Friedhof besteht, wenn man die Abbildung im Reiseführer betrachtet. Mittlerweile sind wir uns sicher, daß das Land komplett ausverkauft ist oder undurchdringliche, bärenverseuchte Wildnis. Wege gibt es keine, weil ohnehin alle nur Auto fahren. Die Orte, durch die wir kommen haben weder ein kommunikatives Zentrum, noch vernünftige Gehwege. Das läßt nur eine Lebensweise zu: Bewegung nur mit Auto, jeder bleibt in seinem Haus, abends kannst du irgendwo essen gehen, ins Kino oder Essen holen mit dem Auto, oder gleich zuhause bleiben und zwischen Kühlschrank, Mikrowelle und TV pendeln und irgendwann ins Queen Size Bett kippen.

Rein aus Frust und "Mitternachtsmüdigkeit" tapern wir durch Newbury. Ich schaue in die öffentliche Bücherei rein. Auch hier wuseln Omas rum (Es gibt scheinbar keine Rente, die zum Überleben reicht). Ein paar nette Räume und ein paar Blicke für den Alien, der da reinschaut. Dann zum Town Office (Wo verdammt ist hier die Town?) Ah! Klos, und noch dazu superclean und nett und OH! eine Wanderkarte mit Hiking Trails. Das gibt es doch nicht. Ich spende 1 Dollar für die Erhaltung der Wege und wir stapfen los. Es ist mittlerweile 3 p.m. und wir verpassen erst mal den Einstieg zum Trail. Bald stellt sich der Weg allerdings als bestens markiert und gut gepflegt heraus. Durch dichten Wald soll er uns zum Lake Solitude führen, nachdem wir den 2.500 Fuß hohen South Peak überquert haben. Es geht ganz schön bergauf, leider ohne jede Aussicht. Jutta findet einen knallorangenen Salamander, der die weiße Besiedlung des Kontinents überlebt hat. Ansonsten nur ein paar Vögel, glücklicherweise keine Bären oder anderes Großwild. Auch keine menschlichen Begegnungen auf diesem einsamen und seltsam versponnenen Trail bis wir nach etwa 1 1/2 Stunden einen großartigen Aussichtspunkt erreichen, der uns umhaut.
Zum See ist es nochmal ganz schön weit. Die Sonne kommt schon etwas niedrig herein und hier und da knackt es im Gebüsch, weil die Bären Lust auf Abendessen kriegen. Kein Mensch und aufkeimende Katastrophenszenarien, sich hier zu verlaufen und im Dunkeln herumzuirren ohne Handy, übernachten zu müssen. Jutta stapft vor mir her, ganz schön flott. Was, wenn sie plötzlich stehenbleibt und nicht mehr weiterwill? Wir reden nicht viel, jeder kramt in seinem Hirn herum und setzt einen Fuß vor den andern. Endlich der See, ein verzauberter Tümpel, glitzernd in der Abendsonne. Ausgeblichene Äste ragen heraus, wie die Skelette von Indianern und Soldaten, die bei einem furchtbaren Gemetzel am See starben.


Wir bleiben nur kurz, finden den blau markierten Rückweg und lassen die Schwerkraft und die Anziehungskraft unseres gemütlichen Mietwagens wirken. Die Muskeln sind müde, so daß wir öfter auf den feuchten Steinen ausrutschen. Wir freuen uns, als wir die Straße erreichen und kommen nach 3 1/2 Stunden beim Auto an. Wir wählen den kürzesten Weg zur 89 North und verpassen sie perfekt. Nach einer ewigen Fahrerei um den Sunapee Lake, der überirdisch schön im letzten Abendlicht liegt, nützen wir die 2.Chance, auf die Interstate aufzufahren und erreichen ohne weitere Zwischenfälle das Hotel in White River Junction.



Übrigens fand Jutta den Trail faszinierend, die vielen Steine, den dichten Wald.

Freitag, 5. Oktober 2007

20070924 Maine Lyrik




Am Strand

Am Strand von Ogunquit
lagen Brad und Pit.
Ihre Liebe ließ sich gerade hoffnungsfroh
an und so
dachten die beiden im Taumel der Gefühle:
Maine ist heiß, und Kühle
finden wir hier sicher nicht
bis weit nach Sonnenuntergang der Mond die Küste streichelt
und nach des Fleisches Eruption
dich endlich schläfrig macht.

Mainet Wegen (Zahnarzt in Ruhe)





In Maine ist es schäin
(nach der Melodie "Bei mir bist du schän")

In Maine ist es schäin
für einen Dollar zäin,
in Maine ist es schäin,
auch alläin.

Das wäiß ich genau,
der Sand ist perlgrau,
das Meer blaßgrünblau,
schauschauschau.

Doch wenn der Meeresspiegel steigt,
ist Maine nicht mehr so breit,
der Rest vom Strand wär nur privat,
das wär doch wirklich sehr schad'.

Drum laßt die Autos stäin
lernt wieder, zu Fuß zu gäin,
dann bleibt unser Maine
lang noch schäin.

Dienstag, 2. Oktober 2007

20070918 Quechee Gorge
















Gesprochen wird das (Jutta besteht darauf): Quietschie Gordsch. Endlich mal wieder Natur. Runter in die Klamm, die etwas übertrieben Vermont's Grand Canyon genannt wird. Vorher mußte man sich natürlich im Besucherzentrum in eine Liste eintragen, weil ja dauernd Wanderer verloren gehen.


Interessante Gesteinsformationen und wenig Leute, weil man ja nicht mit dem Auto in die Klamm runterfahren kann. Wir wandern den mit massivem Metallzaun gesicherten Graben entlang zu einem Wasserfall, dessen angeschlossenen Turbinenraum man nur mit hard hat betreten soll. Es folgen 2 wunderschöne, teilweise mit Seerosen bedeckte Seen, an deren Ufern man laut quadratmetergroßen Verbotstafeln man nicht viel mehr unternehmen sollte, als scheu über's Wasser zu schauen und das Gebiet wieder Richtung Privatwagen zu verlassen. Auf keinen Fall sollte man ortsfremden Pflanzensamen oder ägyptische Flußkrokodile einbringen. Da die umliegenden Hügel so einladend wirken und ich das Land mal ein wenig im Überblick sehen möchte, suchen wir nach einer begehbaren Erhebung. Es gibt tatsächlich sowas wie einen Hügelauf-Weg, der allerdings über den gewaltigen Landbesitz eines Generals führt, der sicher schwer bewaffnet ist, auch wenn er bereits verstorben sein soll. Der Weg schaut aus, als sollte man ihn gar nicht finden, ist mehr oder weniger nur ein bißchen ins Gras gefräst und hört bald an einer Straße auf, die nun aber wirklich privat ist und es eindeutig verbietet, weiterzugehen.


An der höchsten Stelle liegen wir eine Weile in der heißen Spätsommersonne und genießen es still und dankbar, nicht beschossen worden zu sein.



Doch immer wieder an diesem Tag kommen wir auf letzte Nacht im Quality Inn zu sprechen, das Hotel, in dem wir dank Fehlplanung eine Nacht verbringen mußten. Die überaus nette Empfangsdame in unserem Hotel in White River Junction hatte uns die Unterkunft vermittelt und uns mit ihrem üblichen Orientierungszettel losgeschickt. Das Problem war: 1. Der Fetzen war ohne Lageplan, eine verbale Straßenkarte sozusagen und 2. es wurde finster. Unerschrocken folgten wir der Straße Nr.4 nach Norden in den gottverlassenen Appalachenwald an seltsamen Malls oder touristischen Stützpunkten vorbei. Alles schien geschlossen, auch das putzige Farmer's Inn, das mal ein Bus oder so was gewesen sein mag und das ich zuerst für unser Quartier hiehlt. Einige hundert Kurven und Nerven später, bereits etwas schläfrig glimmt beruhigend das opulente Quality Inn auf, das sich als Edelabsteige für graumelierte Golfer entpuppt, die mit ihren fetten Vans und Limos bis fast ins Schlafzimmer fahren können. Bei der Anmeldung bittet mich die Empfangsdame um irgendeine Lizenznummer von unserem Mietwagen, und erschöpft, wie ich bin verliere ich den Rest meiner spärlichen Sprachkompetenz und gebe in Zeichensprache zu verstehen, daß ich nichts mehr verstehe und sie sich die Motorblocknummer des Wagens bitte selbst abschreiben soll.

Nunmehr ebenfalls von deutlichen Gesten begleitet gibt sie mir zu verstehen, daß sie lediglich das Autokennzeichen benötigt, das fett auf meinem Schlüsselanhänger prangt. Von all dem ist Jutta wenig beeindruckt, dümpelt sie doch draußen im Auto schläfrig vor sich hin, während ich lerne: License Table heißt Auokennzeichen. Perfekt.

Wir setzen mit dem Auto zurück zu dem motelartigen zweistöckigen Gebäude, in dem sich unser Zimmer befindet und öffnen neugierig die Tür. Der Fußweg von Auto zur Tür beträgt etwa 2,88 m und entspricht damit amerikanischen Standarts von eben noch zu bewältigenden Fußwegen. Das Zimmer ist winzig mit fettem Sofa und Sessel, fettem Fernseher und einer netten Naßzelle (abscheuliches Wort). Na gut, für eine Nacht okay. Doch da eröffnet sich hinter einer Zwischenwand das Schlafparadies in seiner ganzen verlockenden Pracht mit 2 King Size Betten, die wie geparkte Lastwagen an der Zimmerwand stehen. Wir waren noch nie so schnell in einem Bett, wenn man diese Schlafwelten so nennen will. Hat man erst einmal den Anstieg bewältigt, und die endlosen weißen Weiten erreicht, verfällt jeder Muskel, jede Sehne, jeder Knochen sofort in eine angenehme Mattigkeit und Tiefenentspannung, sodaß ein Müdelesen gänzlich unnötig wird. Die ganze Nacht kann man nun verwenden, sich auf dieser Ebene zu drehen, zu wälzen, zu wandern ohne je einen Rand zu erreichen. Sollte irgendein Extremschläfer dies dennoch schaffen, würde ihn das üblicherweise fest unten und seitlich eingespannte Laken am sicherlich tödlichen, weil entsetzlich tiefen Absturz hindern.





Und in diesen Betten trug sich folgendes zu: Jutta war gegen 2 wach geworden, in pechschwarzer Finsternis auf's Klo getastet, irgendwo im Westen des Appartements. Beim Rückweg vertut sie sich gewaltig und erreicht das Ostende, genauer die Heizung dort und zwar mit dem Fuß. Krach! Auf dem Weg zu ihrem Bett muss sie nun erstmal rauskriegen, wo meines endet. Und jetzt weichen die Beschreibungen voneinander ab. Jutta sagt, sie habe sich an meinem Bett entlanggetastet. Ich sage, sie ist durchgelaufen. Ich schrecke auf, im festen Glauben, dass da irgend ein schweres Wesen, Mensch oder Bär durch mein Bett steigt, tiefe Eindrücke über meine Beine drüber, ohne direkt draufzusteigen. Mein Herz rast, weil ich jeden Moment einen 2. Angriff des Killerbären erwarte und das Gefühl habe, dass das Zimmer zum Wald hin völlig offen ist. Erst als Jutta irgendeine Entschuldigung vorbringt, wache ich soweit auf, dass sich die Wand zum Wald schließt und der Bär verschwindet. Aber ich nehme mir fest vor, morgen das Loch in der Mauer zu suchen, durch das der Bär verschwunden ist.

Samstag, 29. September 2007

20070917 Auotovermietung, Abfahrt Hanover

Ich habe nur Schlimmes gehört über den Vorgang des Automietens und habe daher alles über eine deutsche Website abgewickelt. Die Adresse google ich flott und schwuppdiwupp da ist mein Stadtplan mit dem niedlichen Pfeil. Auf der Website der Verkehrsbetriebe suche ich mir den passenden Bus mit den Fahrzeiten. Mann bin ich ein Web-man.
Nicht zu früh geh ich los zur Station Alewife, von der mein Bus nach Lexington fährt. Cynthia meinte, das kenne sie überhaupt nicht, da wäre sie nie gewesen. Naja, ich komme eben mehr rum in Boston und bin auch gar nicht mißtrauisch.
Der Bus kommt, ich steige ein, wunderbar. Kurz vor Abfahrt quasselt der Chauffeur irgendwas ins Mikro und ich werde unruhig. Renne nach vorne, hä? what? Da hat der Mann eben mal die Linie geändert von 76 auf 62 oder so. Ich springe raus, verliere dadurch mein Ticket und warte eine Weile bis zum nächsten Bus. Es ist wenigstens heiß und die Station ist ein wenig grauslich.

Der nächste 76er ändert die Linie nicht und Euphorie kommt auf. Es geht auf die Autobahn mit Affentempo für hiesige Verhältnisse. Hin und wieder drückt einer für Stop und 76 brettert runter vom Highway und gleich wieder drauf. Nach einer gewaltigen Strecke, die mich etwas nervös macht, geht es rein nach Lexington, dawo ich an der Haltestelle Postoffice rausmuß. So hatte Google Map zu mir gesprochen. Dort soll es dann die 1663 Mass.Ave geben mitsamt Autoverleih. Hah, bald halte ich das Steuer unsrer Limo in der Hand. Ich frag den Fahrer, aber es dauert noch. Das Hinsetzen wird grob, weil der Mann Gummi gibt und das bekommt meiner Lieblingssonnenbrille nicht. Unter meinem Hintern büßt sie ein Glas ein und ist irreparabel geschädigt. Halt, Lexington Post-Office, ich bin da. Raus und tief die Luft von Lexington einatmen. Ist das noch Boston? Ist das noch Massachusetts? Kein wuselndes Bezirkszentrum mit Läden und Leuten, wie erwartet sondern ein verlassenes, ödes Bruck an der Leitha.

Und Autoverleih ist da auch keiner. Ich frage mich schnell bei den wenigen Menschen durch, die es hier gibt. Keiner kennt einen Autoverleih und schon gar nicht an der Adresse, die auf meinem Computerausdruck steht. Aber ein paar Haltestellen weiter soll es was geben. Eine Frau nimmt denselben Bus und betreut mich freundlicherweise. Der Fahrer läßt mich nicht mal was zahlen und sagt mir, wo ich raus muß. Es geht wieder Richtung Stadt wenigstens und da ist doch tatsächlich ein Autoverleih. Nun bereits etwas gedämpft freue ich mich, renn rein in den Laden und zeige meinen Papierkram. Die wissen von nichts. Mittlerweile geht es auf 10 und ich werde leicht panisch. Mit der Vermietung haben sie nichts zu tun, rufen aber aber mal da an. Leider geht keiner ran. Noch panischer bleibe ich jedoch cool genug, daß ich nicht bei denen auch noch ein Auto miete. Das würden die nämlich sofort für mich tun. Mein gesamtes Weltbild von der Zauberkraft des Internet und meiner Virtualität darin rumzumachen, meiner Vertrautheit mit den Staaten, meiner unglaublichen eingebauten Navigationsfähigkeit zerbröselt zu Doughnutpowder und ich kann mich gerade noch davon abhalten zu beten. Noch dazu mache ich mir Sorgen, daß Jutta nicht die Nerven verliert. Wir haben keinen Möglichkeit zu kommunizieren. Als wäre ich irgendwo im Dschungel versuche ich telepathisch Kontakt aufzunehmen: Es dauert noch ein wenig. Mir geht es gut. Ich muß zwar dringend, aber ich werde durchhalten. Wir sehen uns sicher wieder.

Mittlerweile hat der Boy von der Autovermietung anhand des Zipcodes ermittelt, daß meine Adresse in Cambridge liegt. Es ist ein ALAMO. Und nun geht tief in mir die Erkenntnis auf, daß ich gerade um die Welt gefahren bin, um wieder umzukehren, weil Alamo um die Ecke von Richies Wohnanlage liegt. Die Sache ist die, daß es mehrmals die verdammte Straßennunmmer geben kann. Richard wird mir später einhämmern: always use the zipcode. Super.
Nun gut. Die Wahrheit und der Verlust des Heldentums waren hart, aber der Schaden ist begrenzt. Wir könnten zwar schon in Hanover sein, aber wir sind immerhin im Urlaub und haben keinen Termin. Aber was ist mit Jutta? Ich sehe, wie sie völlig aufgelöst die Bullen anruft und mich vermißt meldet. Mit tränenerstickter Stimme buchstabiert sie meinen Namen und ich stehe im verdammten Lexington und warte auf den Bus zurück. Noch dazu muß ich dringend, kann aber eigentlich nicht weg, weil ich auf keinen Fall den Bus verpassen will, der vielleicht nur einmal am Tag fährt. Und an die Haltestelle pissen kann man in den Staaten zwar, wird aber erschossen. Nach einer halben Stunde ohne verschissenen Bus beginne ich pathologische Reaktionen zu entwickeln, brülle die Haltestelle an, trete den Asphalt, weine ein bißchen, tobe ein wenig und versuche verzweifelt die explosive Blasenentleerung zu verhindern. Ich diskutiere mit mir laut das Risiko, doch noch über die vielbefahrenene (außer von Bussen) Straße zu dieser herrlichen Baumgruppe zu rasen und brüllend abzuschlagen.

Ich bin dagegen, weil der Bus sicher gleich kommt und ich dann nicht über die Straße komme, weil da ein Van den anderen Suv jagt. Ich bin dafür, weil ich die Möglichkeit einbeziehe. mitten im Strahl vollzubremsen. Schließlich mischt sich die Blase selbst in die Diskussion ein und beendet sie. Sie übernimmt die Steuerung meiner Motorik und zerrt mich zu den Bäumen, läßt mich panisch zur Straße zurückschauen und sie erleichtert mich ungemein.
Dem Bus ist das sowas von egal und er denkt nicht dran, jetzt brav anzutanzen. Geschätzte 37 Minuten demütigt er mich und zeigt mir, was ich für ein unfähiger Autoabholer bin. Wenigstens die pathologischen Ausbrüche lassen nach der Entleerung nach. Dennoch trete ich den Gehsteig, während ich wie ein Frettchen im Käfig auf und ab rase. Als ich endlich in Lethargie verfalle kommt der Bus. Der Rest ist Routine und ein behutsames Reset meiner Persönlichkeit während der Busfahrt. Dann noch ein Stück U-Bahn, noch ein Stück zu Fuß. letzteres wie gehetzt genau zu dem Alamo, den wir vor 2 Tagen besucht haben, und der uns geraten hat, im Internet zu buchen. Ich renne rein in den Laden, knalle alle ab und werde dafür mit meinem Leihwagen belohnt. Das heißt, ich setze mich erstmal in den falschen und muß die unfreundliche Frau nochmal dumm fragen, wo die Karre steht. Mit sanftem Ruck flutsche ich auf die gottverdammte 1663 Mass.Ave und komme nach etwa 3 Stunden zurück zum Freshpond Place und einer grinsenden Jutta und einem spöttischen Richard: Always use the zipcode!

Die Fahrt selbst ist entspannt und wesentlich kürzer als die Abholung. Seht selbst.




Und nun sind wir, wie echte Amerikaner für den Rest des Urlaubes und gehn keinen Schritt mehr zu Fuß. Drive-in und genieße die Malls, die Interstate und die schöne Gegend. Born to drive!

Anhang Literatur

Zum Apalachian Trail und zum Schreien komisch:
Bill Bryson: Picknick mit Bären
da gibt es auch ein bißchen was über Hanover und Dartmouth College, weil Bill Bryson eine Weile da gelebt hat.


Der Film zur Reise:
http://video.google.de/videoplay?docid=-1506937783136220888&hl=de

Ein paar Tips für Amerika, wie es doch noch happy weitergehen könnte:
http://tippsusa.blogspot.com/

Der Blog davor über die erste Reise nach Boston 2006:
http://wernerhertel.blogspot.com/

Mittwoch, 26. September 2007

20070926 goodbye Ogunquit



Es ist morgen,
die Sonne ist über dem Meer aufgegangen,
der Wind weht frisch vom Land,
Die Flut weicht bereits zurück,
ebenso wie wir.

Wir brechen auf nach Boston.
Das ist der Beginn des letzten Reiseabschnittes.