Samstag, 29. September 2007

20070917 Auotovermietung, Abfahrt Hanover

Ich habe nur Schlimmes gehört über den Vorgang des Automietens und habe daher alles über eine deutsche Website abgewickelt. Die Adresse google ich flott und schwuppdiwupp da ist mein Stadtplan mit dem niedlichen Pfeil. Auf der Website der Verkehrsbetriebe suche ich mir den passenden Bus mit den Fahrzeiten. Mann bin ich ein Web-man.
Nicht zu früh geh ich los zur Station Alewife, von der mein Bus nach Lexington fährt. Cynthia meinte, das kenne sie überhaupt nicht, da wäre sie nie gewesen. Naja, ich komme eben mehr rum in Boston und bin auch gar nicht mißtrauisch.
Der Bus kommt, ich steige ein, wunderbar. Kurz vor Abfahrt quasselt der Chauffeur irgendwas ins Mikro und ich werde unruhig. Renne nach vorne, hä? what? Da hat der Mann eben mal die Linie geändert von 76 auf 62 oder so. Ich springe raus, verliere dadurch mein Ticket und warte eine Weile bis zum nächsten Bus. Es ist wenigstens heiß und die Station ist ein wenig grauslich.

Der nächste 76er ändert die Linie nicht und Euphorie kommt auf. Es geht auf die Autobahn mit Affentempo für hiesige Verhältnisse. Hin und wieder drückt einer für Stop und 76 brettert runter vom Highway und gleich wieder drauf. Nach einer gewaltigen Strecke, die mich etwas nervös macht, geht es rein nach Lexington, dawo ich an der Haltestelle Postoffice rausmuß. So hatte Google Map zu mir gesprochen. Dort soll es dann die 1663 Mass.Ave geben mitsamt Autoverleih. Hah, bald halte ich das Steuer unsrer Limo in der Hand. Ich frag den Fahrer, aber es dauert noch. Das Hinsetzen wird grob, weil der Mann Gummi gibt und das bekommt meiner Lieblingssonnenbrille nicht. Unter meinem Hintern büßt sie ein Glas ein und ist irreparabel geschädigt. Halt, Lexington Post-Office, ich bin da. Raus und tief die Luft von Lexington einatmen. Ist das noch Boston? Ist das noch Massachusetts? Kein wuselndes Bezirkszentrum mit Läden und Leuten, wie erwartet sondern ein verlassenes, ödes Bruck an der Leitha.

Und Autoverleih ist da auch keiner. Ich frage mich schnell bei den wenigen Menschen durch, die es hier gibt. Keiner kennt einen Autoverleih und schon gar nicht an der Adresse, die auf meinem Computerausdruck steht. Aber ein paar Haltestellen weiter soll es was geben. Eine Frau nimmt denselben Bus und betreut mich freundlicherweise. Der Fahrer läßt mich nicht mal was zahlen und sagt mir, wo ich raus muß. Es geht wieder Richtung Stadt wenigstens und da ist doch tatsächlich ein Autoverleih. Nun bereits etwas gedämpft freue ich mich, renn rein in den Laden und zeige meinen Papierkram. Die wissen von nichts. Mittlerweile geht es auf 10 und ich werde leicht panisch. Mit der Vermietung haben sie nichts zu tun, rufen aber aber mal da an. Leider geht keiner ran. Noch panischer bleibe ich jedoch cool genug, daß ich nicht bei denen auch noch ein Auto miete. Das würden die nämlich sofort für mich tun. Mein gesamtes Weltbild von der Zauberkraft des Internet und meiner Virtualität darin rumzumachen, meiner Vertrautheit mit den Staaten, meiner unglaublichen eingebauten Navigationsfähigkeit zerbröselt zu Doughnutpowder und ich kann mich gerade noch davon abhalten zu beten. Noch dazu mache ich mir Sorgen, daß Jutta nicht die Nerven verliert. Wir haben keinen Möglichkeit zu kommunizieren. Als wäre ich irgendwo im Dschungel versuche ich telepathisch Kontakt aufzunehmen: Es dauert noch ein wenig. Mir geht es gut. Ich muß zwar dringend, aber ich werde durchhalten. Wir sehen uns sicher wieder.

Mittlerweile hat der Boy von der Autovermietung anhand des Zipcodes ermittelt, daß meine Adresse in Cambridge liegt. Es ist ein ALAMO. Und nun geht tief in mir die Erkenntnis auf, daß ich gerade um die Welt gefahren bin, um wieder umzukehren, weil Alamo um die Ecke von Richies Wohnanlage liegt. Die Sache ist die, daß es mehrmals die verdammte Straßennunmmer geben kann. Richard wird mir später einhämmern: always use the zipcode. Super.
Nun gut. Die Wahrheit und der Verlust des Heldentums waren hart, aber der Schaden ist begrenzt. Wir könnten zwar schon in Hanover sein, aber wir sind immerhin im Urlaub und haben keinen Termin. Aber was ist mit Jutta? Ich sehe, wie sie völlig aufgelöst die Bullen anruft und mich vermißt meldet. Mit tränenerstickter Stimme buchstabiert sie meinen Namen und ich stehe im verdammten Lexington und warte auf den Bus zurück. Noch dazu muß ich dringend, kann aber eigentlich nicht weg, weil ich auf keinen Fall den Bus verpassen will, der vielleicht nur einmal am Tag fährt. Und an die Haltestelle pissen kann man in den Staaten zwar, wird aber erschossen. Nach einer halben Stunde ohne verschissenen Bus beginne ich pathologische Reaktionen zu entwickeln, brülle die Haltestelle an, trete den Asphalt, weine ein bißchen, tobe ein wenig und versuche verzweifelt die explosive Blasenentleerung zu verhindern. Ich diskutiere mit mir laut das Risiko, doch noch über die vielbefahrenene (außer von Bussen) Straße zu dieser herrlichen Baumgruppe zu rasen und brüllend abzuschlagen.

Ich bin dagegen, weil der Bus sicher gleich kommt und ich dann nicht über die Straße komme, weil da ein Van den anderen Suv jagt. Ich bin dafür, weil ich die Möglichkeit einbeziehe. mitten im Strahl vollzubremsen. Schließlich mischt sich die Blase selbst in die Diskussion ein und beendet sie. Sie übernimmt die Steuerung meiner Motorik und zerrt mich zu den Bäumen, läßt mich panisch zur Straße zurückschauen und sie erleichtert mich ungemein.
Dem Bus ist das sowas von egal und er denkt nicht dran, jetzt brav anzutanzen. Geschätzte 37 Minuten demütigt er mich und zeigt mir, was ich für ein unfähiger Autoabholer bin. Wenigstens die pathologischen Ausbrüche lassen nach der Entleerung nach. Dennoch trete ich den Gehsteig, während ich wie ein Frettchen im Käfig auf und ab rase. Als ich endlich in Lethargie verfalle kommt der Bus. Der Rest ist Routine und ein behutsames Reset meiner Persönlichkeit während der Busfahrt. Dann noch ein Stück U-Bahn, noch ein Stück zu Fuß. letzteres wie gehetzt genau zu dem Alamo, den wir vor 2 Tagen besucht haben, und der uns geraten hat, im Internet zu buchen. Ich renne rein in den Laden, knalle alle ab und werde dafür mit meinem Leihwagen belohnt. Das heißt, ich setze mich erstmal in den falschen und muß die unfreundliche Frau nochmal dumm fragen, wo die Karre steht. Mit sanftem Ruck flutsche ich auf die gottverdammte 1663 Mass.Ave und komme nach etwa 3 Stunden zurück zum Freshpond Place und einer grinsenden Jutta und einem spöttischen Richard: Always use the zipcode!

Die Fahrt selbst ist entspannt und wesentlich kürzer als die Abholung. Seht selbst.




Und nun sind wir, wie echte Amerikaner für den Rest des Urlaubes und gehn keinen Schritt mehr zu Fuß. Drive-in und genieße die Malls, die Interstate und die schöne Gegend. Born to drive!

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