Dienstag, 2. Oktober 2007

20070918 Quechee Gorge
















Gesprochen wird das (Jutta besteht darauf): Quietschie Gordsch. Endlich mal wieder Natur. Runter in die Klamm, die etwas übertrieben Vermont's Grand Canyon genannt wird. Vorher mußte man sich natürlich im Besucherzentrum in eine Liste eintragen, weil ja dauernd Wanderer verloren gehen.


Interessante Gesteinsformationen und wenig Leute, weil man ja nicht mit dem Auto in die Klamm runterfahren kann. Wir wandern den mit massivem Metallzaun gesicherten Graben entlang zu einem Wasserfall, dessen angeschlossenen Turbinenraum man nur mit hard hat betreten soll. Es folgen 2 wunderschöne, teilweise mit Seerosen bedeckte Seen, an deren Ufern man laut quadratmetergroßen Verbotstafeln man nicht viel mehr unternehmen sollte, als scheu über's Wasser zu schauen und das Gebiet wieder Richtung Privatwagen zu verlassen. Auf keinen Fall sollte man ortsfremden Pflanzensamen oder ägyptische Flußkrokodile einbringen. Da die umliegenden Hügel so einladend wirken und ich das Land mal ein wenig im Überblick sehen möchte, suchen wir nach einer begehbaren Erhebung. Es gibt tatsächlich sowas wie einen Hügelauf-Weg, der allerdings über den gewaltigen Landbesitz eines Generals führt, der sicher schwer bewaffnet ist, auch wenn er bereits verstorben sein soll. Der Weg schaut aus, als sollte man ihn gar nicht finden, ist mehr oder weniger nur ein bißchen ins Gras gefräst und hört bald an einer Straße auf, die nun aber wirklich privat ist und es eindeutig verbietet, weiterzugehen.


An der höchsten Stelle liegen wir eine Weile in der heißen Spätsommersonne und genießen es still und dankbar, nicht beschossen worden zu sein.



Doch immer wieder an diesem Tag kommen wir auf letzte Nacht im Quality Inn zu sprechen, das Hotel, in dem wir dank Fehlplanung eine Nacht verbringen mußten. Die überaus nette Empfangsdame in unserem Hotel in White River Junction hatte uns die Unterkunft vermittelt und uns mit ihrem üblichen Orientierungszettel losgeschickt. Das Problem war: 1. Der Fetzen war ohne Lageplan, eine verbale Straßenkarte sozusagen und 2. es wurde finster. Unerschrocken folgten wir der Straße Nr.4 nach Norden in den gottverlassenen Appalachenwald an seltsamen Malls oder touristischen Stützpunkten vorbei. Alles schien geschlossen, auch das putzige Farmer's Inn, das mal ein Bus oder so was gewesen sein mag und das ich zuerst für unser Quartier hiehlt. Einige hundert Kurven und Nerven später, bereits etwas schläfrig glimmt beruhigend das opulente Quality Inn auf, das sich als Edelabsteige für graumelierte Golfer entpuppt, die mit ihren fetten Vans und Limos bis fast ins Schlafzimmer fahren können. Bei der Anmeldung bittet mich die Empfangsdame um irgendeine Lizenznummer von unserem Mietwagen, und erschöpft, wie ich bin verliere ich den Rest meiner spärlichen Sprachkompetenz und gebe in Zeichensprache zu verstehen, daß ich nichts mehr verstehe und sie sich die Motorblocknummer des Wagens bitte selbst abschreiben soll.

Nunmehr ebenfalls von deutlichen Gesten begleitet gibt sie mir zu verstehen, daß sie lediglich das Autokennzeichen benötigt, das fett auf meinem Schlüsselanhänger prangt. Von all dem ist Jutta wenig beeindruckt, dümpelt sie doch draußen im Auto schläfrig vor sich hin, während ich lerne: License Table heißt Auokennzeichen. Perfekt.

Wir setzen mit dem Auto zurück zu dem motelartigen zweistöckigen Gebäude, in dem sich unser Zimmer befindet und öffnen neugierig die Tür. Der Fußweg von Auto zur Tür beträgt etwa 2,88 m und entspricht damit amerikanischen Standarts von eben noch zu bewältigenden Fußwegen. Das Zimmer ist winzig mit fettem Sofa und Sessel, fettem Fernseher und einer netten Naßzelle (abscheuliches Wort). Na gut, für eine Nacht okay. Doch da eröffnet sich hinter einer Zwischenwand das Schlafparadies in seiner ganzen verlockenden Pracht mit 2 King Size Betten, die wie geparkte Lastwagen an der Zimmerwand stehen. Wir waren noch nie so schnell in einem Bett, wenn man diese Schlafwelten so nennen will. Hat man erst einmal den Anstieg bewältigt, und die endlosen weißen Weiten erreicht, verfällt jeder Muskel, jede Sehne, jeder Knochen sofort in eine angenehme Mattigkeit und Tiefenentspannung, sodaß ein Müdelesen gänzlich unnötig wird. Die ganze Nacht kann man nun verwenden, sich auf dieser Ebene zu drehen, zu wälzen, zu wandern ohne je einen Rand zu erreichen. Sollte irgendein Extremschläfer dies dennoch schaffen, würde ihn das üblicherweise fest unten und seitlich eingespannte Laken am sicherlich tödlichen, weil entsetzlich tiefen Absturz hindern.





Und in diesen Betten trug sich folgendes zu: Jutta war gegen 2 wach geworden, in pechschwarzer Finsternis auf's Klo getastet, irgendwo im Westen des Appartements. Beim Rückweg vertut sie sich gewaltig und erreicht das Ostende, genauer die Heizung dort und zwar mit dem Fuß. Krach! Auf dem Weg zu ihrem Bett muss sie nun erstmal rauskriegen, wo meines endet. Und jetzt weichen die Beschreibungen voneinander ab. Jutta sagt, sie habe sich an meinem Bett entlanggetastet. Ich sage, sie ist durchgelaufen. Ich schrecke auf, im festen Glauben, dass da irgend ein schweres Wesen, Mensch oder Bär durch mein Bett steigt, tiefe Eindrücke über meine Beine drüber, ohne direkt draufzusteigen. Mein Herz rast, weil ich jeden Moment einen 2. Angriff des Killerbären erwarte und das Gefühl habe, dass das Zimmer zum Wald hin völlig offen ist. Erst als Jutta irgendeine Entschuldigung vorbringt, wache ich soweit auf, dass sich die Wand zum Wald schließt und der Bär verschwindet. Aber ich nehme mir fest vor, morgen das Loch in der Mauer zu suchen, durch das der Bär verschwunden ist.

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